Wie ich bereits am Mai 2015 berichtet hatte, leitet mein Schweigervater eine kleine "Fischfabrik" an der Grenze der Bundesstaaten Minas Gerais und Goias, also etwas 2,5 h von seiner Heimat Goiania sowie 1,5 h von Uberlandia entfernt genau zwischen beiden Städten. Daher aufgrund der Lage die optimale Möglichkeit am Wochenende aus der Stadt zu entfliehen um abzuschalten. Im Garten direkt am See lässt es sich gut aushalten, auch wenn es noch immer viel zu viel zu tun gibt. Nachdem das Haus gesäubert und teilweise gestrichen wurde, legten wir die ersten Wege im riesigen Garten an und säuberten auf brasilianische Art den Garten. Es ist alles sehr einfach und rustikal und stellt einen schönen Gegensatz zu unserem Wohnhaus dar:
360 ° Blick vom Garten
Panoramild auf dem See vom Garten
Relaxen im Schatten
Mit Boot und Hund unterwegs auf dem See
... sowie Familie Araújo
Das erste Bäumchen, eine "Acai-Palme", wurde ebenfalls gepflanzt
Fischen und Relaxen auf dem See
Unser sehr einfaches Zimmer mit dem Plakat unserer Hochzeit, endlich einen guten Verwendungszweck hierfür gefunden
Im Ess- und Wohnzimmer
Auf der Terrasse mit einem "Fogao Goiano", einem Goianischen Grill, wo hoffentlich in naher Zukunft die besten Churrasco Feste gefeiert werden
Blick von der Terrasse in den Garten
der neu angelegte Weg ist schon zu sehen
Auf der Rückfahrt ging das Wasserfallprogramm dann weiter, diesmal in Araguai 3 Wasserfälle, die aber nicht die Klasse der vorigen hatten. Hier einige Bilder.
Immerhin konnte man hier von oben herunterspringen, was auch seine Reize hatte
Rückweg
Oben links auf dem Foto sind zwei "Haribo-Vögel" zu sehen, Zufall...
Lula, der erste Präsident und Gründungsmitglied der brasilianischen
Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores), eine Persönlichkeit die seit eh und
je polarisiert und die gerade jetzt das Land spaltet wie kaum eine andere
Persönlichkeit in der Geschichte Brasiliens.
Die Biographie
könnte glatt aus dem Drehbuch eines Hollywoodfilms stammen (bestimmt wird sie irgendwann tatsächlich verfilmt), aber genau das
scheinen die Brasilianer zu lieben, genau das gab ihm die Popularität, die er
zumindest bis vor kurzer Zeit noch beim Volk innehatte, aber dazu später mehr.
Aufgewachsen im
Bundesstaat Pernambuco im Nordosten des Landes, die ärmste Region Brasiliens
als siebtes von acht Kindern. Der Vater verließ wie viele „Nordoestinos“ die
Familie um in Sao Paulo nach Arbeit zu suchen, verliebte sich dann in eine
andere Frau und verließ seine Familie. Mit 12 Jahren verließ Lula dann die
Schule vorzeitig um als Schuhputzer und sonstigen Gelegenheitsjobs
die Familie zu unterstützen. Er arbeitete sich dann weiter hoch zum
Metallarbeiter, unter anderem bei einem dt. Automobilkonzern mit 2 Buchstaben
mit Abgasproblemen und trat dort in die Gewerkschaftsbewegung ein. Der Aufstieg
innerhalb des Gewerkschaftsverbandes ging in den folgenden Jahren wie im Flug,
unter anderem auch wegen seiner charismatischen lautstarken einfachen Art –
wie eine Art Gute-Laune-Bär.
In dieser Zeit,
den 70ern, war Brasilien genau wie andere lateinamerikanische Staaten eine
Militärdiktatur und die Gewerkschaften waren in Augen der Machthaber etwa so
beliebt wie das brasilianische Nationalteam nach dem Halbfinale im eigenen
Land, weshalb Lula von den Militärs regelmäßig bespitzelt wurde, und auch sein
dt. Arbeitgeber gab Informationen seiner Aktivitäten an die Regierung weiter, für
die er dann in den Knast wanderte. Ein weiterer Deutscher, Helmut Schmidt, hatte dann
wiederum großen Anteil daran, dass er dort bereits nach einem Monat wieder herauskam. Schmidt nannte die Freilassung Lulas als Bedingung für seine Brasilienreise…
Das politische Mittel
mit denen Lula großen Druck ausübte, waren großflächige Streiks, die teilweise
das gesamte Land lahmlegten. Hier auch ein interessantes Detail, das man in
keinem Lexikon findet und deren Wahrheitsgehalt ich auf ca. 50 % einschätze –
wie so vieles was derzeit in den Medien berichtet wird. Die Geschichte kommt
von einem dt. Freund hier in Brasilien, der Sie wiederum von einem weiteren
Bekannten gehört hat, und die wiederum ein anderes Bild von Lula abgeben, es
geht um Verhandlungen zu geforderten Lohnerhöhungen:
Gewerkschaftsverband,
vertreten durch Lula und Arbeitgeber sitzen sich gegenüber und debattieren über
eine Lohnerhöhung um 7 %, nicht hinnehmbar für die Arbeitgeber, als Druckmittel
droht Lula mit Streik. Die Einigung erfolgt jedoch rasch – man einigt sich auf
4,5 % und Lula feiert dies als seinen großen Sieg. Die Differenz von 2,5 %
aller Gehälter lässt er sich (zu einem Bruchteil) auf sein Schwarzkonto
überweisen – ganz nach brasilianischer Tradition – letztendlich stehen sowohl
der Gewerkschaftsverband als auch Arbeitgeberverband als Gewinner da, nur das
Volk eben nicht.
Wie gesagt,
inwiefern die Geschichte war ist, wird man nie nachvollziehen können, aber für
unrealistisch halte ich sie nicht.
1980 gründet Lula
dann die Arbeiterpartei und 1989 trat Lula zum ersten Mal als Kandidat um das
Präsidentenamt an, jedoch bis 2002 auf Wahlkampfveranstaltungen immer in Jeans
und Karo Hemd, als Arbeiter.
Dann, 2002
geschah das „Wunder“ und Lula holte sich das Präsidentenamt. Für Brasilien
waren seine zwei Amtszeiten bis 2010 ein großer Aufschwung, mit einem kaum
vergleichbaren Ereignis in der Vergangenheit. Auch wenn Kritiker und Investoren
seinen „sozialistischen“ Regierungsstil Anfangs kritisch betrachteten,
überzeugte er zu Beginn mit seiner charismatischen Art und machte Brasilien zu
einem „Global Player“. Auch im sozialen Bereich wurden unter Lula neue
Programme wie z.B. „Fome Zero“ oder „Bolsa Familia“ initiiert, mit denen
Millionen von Menschen aus der Armut entfliehen konnten, Programme wie man Sie
in Deutschland bereits aus Bismarcks Zeiten kennt. Olympia 2016 und die Fußball
WM wurden auch unter Lula an Brasilien vergeben….
Mit der Vergabe
von internationalen Sportereignissen ist man ja auch in Deutschland derzeit
nicht gut zu sprechen, und auch bei der Olympia Vergabe wird jetzt in Brasilien
bereits investigiert. Das ist nur ein kleiner Teil des Schatten Lulas, der
derzeit immer weiter ins Unerträgliche wächst.
Nach seinen
beiden Amtszeiten war er direkt in einen Bestechungsskandal involviert. Er
wurde zwar von mehreren Angeklagten als beschuldigt, jedoch konnte man ihm hier
bis heute nichts nachweisen.
Aber auch in der allgemeinen Bevölkerung,
besonders in der Mittel- und Oberschicht ist man überzeugt, dass Lula einer der
korruptesten Politiker des Landes ist. Etliche Häuser, Landgüter und
Schwarzgeldkonten sollen ihm mittlerweile gehören und so verwundert es, dass
man erst seit März 2016 gegen ihn ermittelt.
Als „Reaktion“
auf die Proteste wurde Lula am 16.03. von der Präsidentin als Kabinettschef der aktuellenRegierung berufen, für viele Brasilianer der Funken, der das Fass zum
überlaufen bringt, auch hier spontane Proteste und vor alle Wut, da Lula gegenüber
der Strafverfolgung eine größere Immunität besitzt. Stunden später taucht ein Telefonmitschnitt, den man so interpretieren kann, dass Dilma ihm genau aus diesem Grund zum Kabinettschef ernannt hat.
Eben gerade erreichten mich
noch die News, dass ein Bundesrichter der Ernennung zum Präsidentenwidersprochen hat. Für kommenden Montag sind in ganz Brasilien Generalstreiks angekündigt,
wie es weiter geht weiß hier keiner. Es herrscht nur allgemeine Enttäuschung,
Wut und Hass, nicht nur auf Lula, sondern auf die gesamte politische Kaste, von
einer Demokratie ist das weit entfernt.
Wie man Lula in
Zukunft betrachtet, wird sich herausstellen. Bei der armen Bevölkerung genießt
er noch immer Rückhalt, der aber sicherlich jeden Tag weiter schwindet. Die
nächsten Tage, Wochen und Monate werden seiner Biographie sicherlich einige
interessante Details hinzufügen…
Der passende Zustand des Landes und auch meiner Meinung wird im folgenden Video gut klar:
- Que País = Welches Land
- È esse ? = Ist das?
- Que fazer ? = Was machen ?
Nachfolgend noch drei Videos zu den Ereignissen rund um Lulas Festnahme. Das erste ein über 4 Stunden langer Livemitschnitt nahezu ohne Information (brasilianischer Medienhype), dann zwei verschiedene Beiträge auf Deutsch und Englisch.
Und weil es hier so viele schöne Wasserfälle gibt, wollen wir in unsere Freizeit nutzen um Sie alle zu entdecken und die Schönheit hier zu teilen. Denn komischerweise ist es so, dass sie ein Großteil der Bevölkerung zwar bekannt sind ("Ja, ich habe von gehört..."), aber die meisten der Wasserfälle noch nicht besucht wurden, was meiner Meinung einer Mischung aus Gemütlichkeit und dem teilweise extrem schwierigen Zugangsmöglichkeiten liegt, wie wir bei diesem Besuch erfahren mussten. Nach einer halben Stunde Autofahrt mussten wir uns durchfragen ("was angesichts der Tatsache, dass die Wasserfälle nunmal in der Natur liegen, schwierig ist"), noch einmal 2 km durch pralle Sonne laufen um dann den Wasserfall von oben zu sehen (was die Anstrengung bereits Wert war), dann aber auf allen Vieren durch Dreck und Matsch bis ins Paradies, hier auf Bildern und Video zu sehen: